Buffalo Bill

Nachdem der Lehning Verlag Konkurs angemeldet hatte, erschienen im Bastei Verlag ab März 1969 Hansrudi Wäschers Buffalo Bill-Episoden. Zwar musste Wäscher auf seine dynamischen Panelkompositionen zugunsten eines konventionelleren Layouts verzichten, dafür quellen aber die Bilder von zeichnerischer Detailliebe über: Buffalo Bill kämpft sich durch bedrohliches Dickicht, entdeckt unheimliche Schluchten oder reißende Flüsse und reitet durch die endlose Prärie vorbei an bizarren Felsen und steilen Schluchten. Dabei begegnet er brutalen Eisenbahnräubern, arglistigen Büffeljägern, intriganten Medizinmännern und kampflustigen Bären. Kurz: Wäscher bedient in Buffalo Bill alle gängigen Westernmotive.

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Heute ist bekannt, dass der leibhaftige Buffallo Bill alias Wiliam Frederick Cody (1846-1917) keineswegs ein strahlender Westernheld war, sondern sich als Tagelöhner durchschlagen musste. Der New Yorker Journalist Ned Buntline begründete durch Zeitungsartikel, Theaterstücke und später mit lukrativen Groschenheften den Mythos Buffalo Bill, der bis heute durch unzählige Publikationen und Interpretationen generiert wird. Ab 1883 trat Bill Cody in seiner eigenen Westernshow auf, tourte erfolgreich durch Amerika und Europa und schuf die bis heute aktuellen Cowboy-Legenden. 1884 ist er in einem der ersten Streifen der Filmgeschichte zu bewundern. „Ich las alles über Bill Cody, was ich nur kriegen konnte. Je länger ich mich mit ihm befasste, umso unsympathischer wurde er mir. Vor allem seine übermäßigen Büffeljagden waren mir zuwider und sein angeberisches Wesen während seiner Showzeit …” (Hansrudi Wäscher)

Der Comic Buffalo Bill ist ursprünglich eine Veröffentlichung des ehemaligen Vandersteen-Mitarbeiters Karel Verschuere und des Autors R. Dierckx, die aber bereits in ihrem Entstehungsjahr 1967 nach nur vier Storys wieder eingestellt wurde. Der Bastei Verlag erwarb die Rechte an Buffalo Bill und ließ den Episodencomic von spanischen Zeichnern wie Bill Rojo und Del Arbo sowie dem Studio Ortega in Barcelona zeichnen. Bald konnten die spanischen Zeichner die große Nachfrage nach neuen Geschichten kaum noch abdecken. Hansrudi Wäscher hingegen suchte 1968, nachdem der Lehning Verlag seine Pforten geschlossen hatte, nach neuen Aufträgen. Gustav Lübbe vereinbarte mit ihm ein Vorstellungsgespräch. Prompt beeindruckte ihn Wäscher mit der eigens zu diesem Anlass gezeichneten Kurzgeschichte: „Wie die Schwarzfußindianer zu ihrem Namen kamen”. Lübbe war äußerst angetan und ließ Wäscher – im Gegensatz zu seinen spanischen Kollegen, die nach Vorgaben des Bastei Verlages arbeiten mussten – freie Hand. So fallen die spanischen Episoden im Vergleich zu den detailgenauen und phantasievollen Wäscher-Zeichnungen sehr ab. 1970, nach den ersten sechs Buffalo Bill-Storys für die Lasso-Sonderhefte, wechselten Hansrudi Wäscher und seine spanischen Kollegen sich für das wöchentliche Lasso-Heft ab. Bald gerät auch Wäscher unter Produktionsdruck, der sich negativ auf seine späteren Buffalo Bill-Geschichten auswirkt. Obwohl Hansrudi Wäscher als Meister des Cliffhangers gilt, ordnet er sich den Vorgaben des Bastei Verlages unter, abgeschlossene Geschichten zu präsentieren. Die zunehmende Technisierung, mit eingefügten Sprechblasen, gleichförmigen Kolorationen und Werbeanzeigen, denen ganze Panels zum Opfer fallen, taten ihr Übriges. Spätere Nachdrucke fangen diesen Delittantismus zum Teil auf. Wäschers Arbeiten erschienen im Buffalo Bill-Großband im Nummernbereich 377-592 (76 Episoden, Bastei 1975-1981), sowie im Buffalo Bill-Comictaschenbuch (Bastei 1982/83). Eine für Bastei entstandene, aber nicht mehr veröffentlichte Geschichte wurde in Die Sprechblase Nr. 96 und 97 (Hethke Verlag 1988) veröffentlicht. Von 1988 bis 1993 erschienen bei Hethke auch 10 Soft- und 6 Hardcover-Alben, in denen jeweils zwei Hefte nachgedruckt wurden.

Mit fast 150 Heften ist Buffalo Bill die umfangreichste Comic-Serie Hansrudi Wäschers. Allerdings ist die Reihe keine typische „Wäsche-Serie”, da er sich nicht erzählerisch entfalten konnte und, wie schon zuvor bei Akim, in vorhandene Konzepte hineinarbeiten musste. Für Insider sind seine Zeichnungen jedoch eine Besonderheit. Hansrudi Wäscher hat die klassische Buffalo Bill-Legende mit seiner Liebe zum Detail um eine rühmliche (Comic-) Episode erweitert und gezeigt, dass er auch die Abenteuer im Wild-West-Genre spielerisch beherrscht.